Werkzeugpflege

Wie dr Herr, so´s Gscherr

(schwäbisch für: “Wie der Herr, so das Geschirr”)

Nähme man den Spruch wörtlich und würde man demnach vom Zustand des Gartenwerkzeuges auf den Zustand seines Besitzers schließen, so müsste mancher als eingerostet, nicht mehr ganz sauber, wackelig und nicht mehr ganz scharf gelten. Guten, liebgewordenen Gartengeräten sollte man deshalb ab und an etwas Pflege zukommen lassen.

 Grundreinigung
Die Gartenwerkzeuge sollten zunächst einmal mit Wasser und Bürste von anhaftender Erde gereinigt werden. Danach lässt man sie gut trocknen. Bei Edelstahlwerkzeugen ist dies bereits oft schon die einzige notwendige Pflege. Bei Schmiedestahlgeräten steht die Rostentfernung an. Leichten Flugrost entfernt man am zweckmäßigsten durch Polieren mit Stahlwolle oder Schleifvlies, bei stärkerem Rost ist die Anwendung einer Stahlbürste oder eines Bürstenvorsatzes aus Stahl oder Nylon notwendig.
Bei allen schneidenden Werkzeugen, wie Buchsbaumscheren, Gartenscheren bzw. Rosenscheren oder Messer sollten auch die angetrockneten Pflanzensaftrückstände entfernt werden. Dies gelingt einfacher, wenn man die Stahlwolle zuvor in etwas Spiritus taucht oder die Klingen (aber nur diese !) einige Zeit darin einlegt.
Das Schärfen der Schneiden
Grundsätzlich gilt, dass man mit dem Maschinenschliff sehr vorsichtig sein sollte, damit die Schneide nicht dauerhaft unbrauchbar wird. Während bei Hacken oder Spaten ein Anschärfen z .B. mit dem Winkelschleifer oder am Schleifbock durchaus möglich sein kann, wurden damit schon zahllose Gartenmesser und Gartenscheren ruiniert: das Schleifen mit der Maschine trägt im Regelfall zuviel Material ab und erhitzt den Stahl so stark, dass er ausglüht und nie wieder richtig scharf werden kann.
Grobe Schliffe an Hacken und Spaten lassen sich viel kontrollierter und ungefährlicher mit einer Handfeile ausführen, für Messer- und Scherenklingen empfiehlt sich ein Abziehen mit dem nassen Schleifstein.
Gewölbter Abziehstein für Hippen © Blickfang: Alte Zeiten
Belgischer Brocken © Blickfang: Alte Zeiten
Hartmetallschärfer zum Schärfen von Gartenscheren © Blickfang: Alte Zeiten
Diamantschärfer, zum Feinschliff von Gartenscheren und Messern © Blickfang: Alte Zeiten
Der Klingenabzug mit dem Schleifstein
Für die Klingen von Gartenscheren bzw. Rosenscheren und hochwertigen Gartenmessern, die sehr lange einen scharfen und sauberen Schnitt behalten sollen, ist der Handabzug mit dem Schleifstein traditionell.
Neben den heute üblichen Kunststeinen sind auch die traditionellen, natürlichen Schleifsteine, wie “Arkansas” oder besonders auch der “Belgische Brocken” zu empfehlen. Der “Belgische Brocken” hat zwei Seiten: eine gröbere graue und eine feinere weiße. Kurioserweise kommen die beiden Bestandteile nur in einem ganz kleinen Gebiet in Belgien natürlich in der gleichen geologischen Formation vor und werden dort heute wieder abgebaut.
Der Schleifstein sollte in Petroleum oder Wasser aufbewahrt werden, damit die Poren immer feucht sind. Zum Schleifen nimmt man ihn aus der Flüssigkeit.
Die zu schleifende Klinge wird zunächst flach aufgelegt und dann im Winkel von etwa 5° gekippt. In kreisenden Bewegungen wird dann der Schliff auf beiden Seiten durchgeführt. Der Vorgang ist erst dann beendet, wenn sich an der Klinge sichtbar ein ganz feines “Drähtchen”, der sogenannte Grat, gebildet hat. Dieser wird dann auf der weißen Seite durch gleichmäßiges Ziehen in Längsrichtung des Steines abgeschliffen. Das Ergebnis ist rasiermesserscharf. Für Messer mit gebogener Klinge, den sogenannten Hippen, gibt es spezielle gewölbte Schleifsteine.
Das Schleifen mit dem Hartmetallschärfer
Effektiv ist auch die Anwendung eines Hartmetallschärfers. Er nimmt beim Schliff nicht nur den Pflanzensaft mit, sondern ist auch so handlich, dass man die Schere nicht auseinander nehmen muss. Der Diamantschärfer kommt beim abschließenden Feinschliff der Scheren und Messer zum Einsatz.
Stiel und Griff
Gute Werkzeugstiele sind traditionell aus langfaserigen Harthölzern wie Esche oder Hickory und werden “nach der Faser” ausgewählt, d. h., die Fasern des Holzes sollten vom Werkzeugkopf bis zum Stielende durchgängig sein. Dies garantiert eine gewisse Elastizität und damit Langlebigkeit der Stiele. Eine weit verbreitete Unsitte ist das Einstellen in Wasser, wenn z. B. der Hackenkopf wackelig am Stiel sitzt. Das ständige Feuchtwerden, Aufquellen und Austrocknen begünstigt nur die Fäulnisbakterien und führt alsbald zum Abbrechen des Stieles am Kopf. Das Einschlagen eines Holz- oder Eisenkeiles schafft dagegen dauerhaft Abhilfe. Wenn ein Nachschleifen des Stieles erforderlich ist, verwendet man ganz feines Schleifpapier (Korn 120 oder feiner) oder Schleifvlies. Stahlwolle würde in diesem Fall möglicherweise kleine schmerzhafte Drahtfasern im Holz hinterlassen.
Ballistol zur Werkzeugpflege © Blickfang: Alte Zeiten

Oberflächenbehandlung

Alle Metallteile werden mit Ballistol eingesprüht. Dieses Wundermittel gibt es bereits seit 1904 und wurde für das Militär zur Waffenpflege und zur Behandlung kleiner Hautverletzungen entwickelt. Die Basis ist ein reines Weißöl, deshalb ist es auch im Gegensatz zu vielen anderen Produkten, biologisch voll abbaubar und umweltverträglich. Eine 2%ige Verdünnung mit Wasser ist sogar als Mittel gegen Blattläuse zugelassen und effektiv. Wegen der hohen Ergiebigkeit und der einfachen Anwendung mit unbegrenzten Einsatzmöglichkeiten (Leder-, Tierfell-, Hufpflege etc.) empfiehlt sich hier das Spray. 

Alle Holzteile werden mit einer 50:50 Mischung von Leinöl und Terpentinersatz gepflegt. Leinöl ergibt eine schöne glatte Oberfläche und der Terpentinersatz ermöglicht ein tieferes Eindringen in das Holz. Verwendete Lappen dürfen jedoch nicht zusammengefaltet oder -geknüllt an der Luft gelagert werden (Selbstentzündungsgefahr !). Am zweckmäßigsten bewahrt man sie in einer geschlossenen Dose oder einem verschließbaren Glas auf.

Flohmarkt- und Gartenschuppenfunde
Wer im Keller, Gartenschuppen oder auf Flohmärkten antike Gartengeräte findet, und diese nicht zur Dekoration verwenden, sondern auch benutzen möchte, sollte einiges beachten.
Stark verrostete Gegenstände zu restaurieren, ist eine aufwendige und schmutzige Arbeit und erfordert eine ziemliche Menge einer ganz bestimmten Substanz: “Armschmalz”. Diese ist im Handel nicht zu erwerben, sondern beschreibt schlicht und ergreifend den Arbeitsaufwand und die damit verbundene Anstrengung.
Bei allen schneidenden Werkzeugen sollte man darauf achten, dass die Klingen nicht zu grob verschliffen sind oder dunkle “blaue” Verfärbungen (Ausglühungen) zeigen. In diesen Fällen wären neue Schliffe oft zu aufwendig bzw. sinnlos.
Bei Gartenscheren bzw. Rosenscheren sollten die Klingen noch sauber schließen und die Verschlussschraube nicht durch Hammerschläge verformt sein, was ein Zerlegen der Schere unwiderruflich verhindern würde. Vor dem Lösen der Schraube wird sie mit Ballistol eingesprüht, dies unterkriecht den Rost und löst sie.
Generell gilt: Weniger ist oft mehr - Die Patina der Stücke sollte erhalten bleiben !
Eine gleichmäßige Dunkelfärbung der Gartenscheren ist z.B. keine Verschmutzung sondern eine sogenannte “Brünierung”, die vor Korrosion schützt. Viele Holzgriffe von Gartengeräten haben durch den jahrzehntelangen Gebrauch eine natürliche Politur. Diese gehört ebenso zum Charme der antiken Gartenwerkzeuge, wie auch Baumwachsreste an alten Gartenmessern. Besonders schöne alte oder datierte Stücke sollten generell nicht zur Benutzung restauriert, sondern nur als Anschauungsobjekte restauriert werden.
Für jeden, der mit alten Gartengeräten, vielleicht sogar Familienerbstücken arbeitet, wird Gartenkultur und ihre Geschichte somit im wahrsten Sinne des Wortes greifbar.

©Blickfang: Alte Zeiten

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